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17.03.2015 |
Michael Nyqvist gehört zu den beliebtesten Schauspielern Skandinaviens. Nach den schwedischen Filmen "Zusammen" (2000), "Wie im Himmel" (2004) und Stieg Larssons Millennium-Trilogie kam für ihn der internationale Durchbruch mit US-Produktionen wie "Mission: Impossible – Phantom Protokoll" und "John Wick". Nyqvist ist außerdem Bestsellerautor in seiner Heimat: 2014 veröffentlichte er seine Autobiographie, eine Aufarbeitung seiner Vergangenheit als Adoptivkind. Im Interview mit Sky erklärt der heute 55-jährige was seiner Schauspielkunst so viel Tiefe gibt und wie er mit Serienpartner Dominic Monaghan in "100 Code" auskommt.
In "100 Code" bekommt Eklund mit Thomas Conley, gespielt von Dominic Monaghan, einen amerikanischen Cop zur Seite gestellt und die beiden können sich nicht leiden. Die Serie spielt mit Vorurteilen zwischen Amis und Europäern.
Ich habe sechs Jahre in New York gelebt. Wir denken zwar, dass unsere Kultur gleich ist, aber wir sind doch unterschiedlich. In den USA gibt es kein Klassensystem und man ist sehr auf Geld fixiert. Uns Europäern ist es peinlich, wenn jemand über Geld spricht. Und wie Sie wissen, können die Amerikaner nicht mit Messer und Gabel essen und kleiden sich als Erwachsene noch wie Kinder. Kurzum, ich fühlte mich, als wäre ich etwas Besseres, weil unsere Häuser hier 600 Jahre alt sind ... Im Ernst: Es gibt da viele Vorurteile.
Aber mit Monaghan haben Sie sich privat hoffentlich gut verstanden?
Ja, sehr. Ich habe ihn sogar in mein Haus auf dem Land eingeladen. Er ist heute noch traumatisiert.
Was haben Sie ihm angetan?
Nur so viel: Es war sehr schwedisch.
Düstere skandinavische Krimis sind so typisch, dass sie unter dem Namen "Nordic Noir" ein eigenes Genre bilden. Wie kommt es, dass Skandinavien so etwas hervorgebracht hat?
Als ich mit meinem Beruf begann, bestimmte Ingmar Bergman die Filme in Skandinavien. Damit will ich sagen, uns interessiert eben nicht so sehr, wer der Mörder ist, sondern immer das "Warum". Und um ehrlich zu sein – in meinem Land habe ich noch keinen Schauspieler getroffen, der von sich sagt, dass er eine schöne Kindheit hatte.
Wirklich?
Diejenigen, die eine gute Kindheit hatten, sind keine guten Schauspieler.
Also braucht man eine gequälte Seele, um gut zu spielen?
Vielleicht. Ich glaube, Schauspielen ist etwas sehr Kindliches. Beim Spielen erlebt man wieder Kindheit. Es ist wie eine Wiedergeburt. Und als Schauspieler muss man sehr neugierig sein, wie ein Kind. Der Rollencharakter weiß nämlich nicht, was hinter der nächsten Tür steckt, denn er hat das Skript nicht gelesen, nur der Darsteller hat es gelesen.
Brauchen Sie viele Informationen über Ihre Rolle?
Nein, lieber wenig. Ich habe etwas zu viel Fantasie. Für "100 Code" habe ich natürlich mit Polizisten gesprochen, aber am hilfreichsten war es, mit einem Schachspieler zu reden, denn Eklund spielt gern Schach. Unglaublich, wie viele Züge ein guter Spieler im Voraus planen kann – ich werde verrückt, wenn ich nur zwei Schritte vorausdenke, es stresst mich enorm, und ich fühle mich dabei dumm. Ich habe gemerkt, dass ein guter Spieler etwas Autistisches hat, und das half mir für die Rolle.
Sie müssen in die Rolle hinein- und wieder aus ihr herausgehen können, fällt das schwer?
Kommt drauf an. Bei dem schon erwähnten Sektenführer Paul Schäfer war es schrecklich, wirklich schlimm, ich fühlte mich fast krank.
Nimmt man am Ende durch das Spielen von bösen Charakteren sogar Schaden an der Gesundheit?
Nein, im Gegenteil. Ich erkläre das an einem Beispiel: Der inzwischen verstorbene schwedische Schauspieler und Autor Erland Josefson war ein sehr guter Freund von mir, der cleverste Mann, der mir je begegnet ist. Er war aber nicht nur intelligent, sondern dadurch, dass er sich so ausgiebig in seinen Rollen und Werken erforscht hat, war er auch geistig unheimlich offen und ohne Angst. Das ist meiner Meinung nach typisch für ältere Schauspieler.
Schauen Sie sich selbst in Ihren Filmen und Serien an?
Nein, ich hasse es. Es ist, als würde man seinen Anrufbeantworter anrufen.
Eklund hat eine Teenager-Tochter, Sie selbst sind auch Vater.
Ich bin sehr eng mit meinen Kindern. Die Zeit der Erziehung ist zwar abgeschlossen, aber ich unterstütze meine Tochter und meinen Sohn viel und versuche, so oft es geht mit ihnen zusammen zu sein.
Wollten Ihr Sohn oder Ihre Tochter je in Ihre Fußstapfen treten?
Gott sei Dank, nein! Es gab eine Zeit, da dachte meine Tochter, der Beruf wäre was für sie, weil er so viele Vorzüge und Sonderbehandlungen mit sich bringt. Aber ich habe ihr erklärt, dass das nicht den Beruf ausmacht. Sondern es geht hauptsächlich um die große Frage nach dem Sinn des Lebens. Und man versucht, diese Frage vor der Kamera zu lösen.
Sie haben ein Tattoo auf der Innenseite ihres Oberarms, würden Sie mir erklären, was es bedeutet?
Ja, klar: Es ist die erste Kinderzeichnung meines Sohnes und darüber steht das Gedicht von Giuseppe Ungaretti: "M'illumino d'immenso" (auf Deutsch: "Ich erleuchte mich / durch Unermessliches").
Interview: Conny Schwarz-Franzen
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